Interview mit Lucia Horst - Vorsitzende des KVVR und Mitglied im Lenkungskreis

Interview mit Lucia Horst - Vorsitzende des KVVR und Mitglied im Lenkungskreis

Interview mit Lucia Horst - Vorsitzende des KVVR und Mitglied im Lenkungskreis

# Inhalte Haushaltssicherungsprozess

Interview mit Lucia Horst - Vorsitzende des KVVR und Mitglied im Lenkungskreis

Lucia Horst ist Vorsitzende des Kirchensteuer- und Vermögensverwaltungsrates (KVVR) im Bistum Magdeburg und Mitglied im Lenkungskreis des Haushaltssicherungsprozesses. Im interview hat sie erzählt, warum sie sich für unser Bistum engagiert und welche Chancen sie im Zusammenhang mit dem Haushaltssicherungsprozess sieht.

Frau Horst, Sie leiten ein Gremium in unserem Bistum, das die Bistumsleitung in wesentlichen finanziellen Fragen berät. Dessen Kompetenz und auch Ihr Name sind vielen Kirchenmitgliedern kaum bekannt. Wer sind Sie? 

Frau Horst: Mein Name ist Lucia Horst. Ich war mehr als 40 Jahre Finanzbeamtin und habe zunächst 30 Jahre in verschiedenen Finanzämtern gearbeitet u.a. als Sachgebietsleiterin für die Besteuerung von Kapitalgesellschaften, gemeinnützigen Vereinen und der öffentlichen Hand einschließlich der Besteuerung kirchlicher Einrichtungen. Danach war ich 12 Jahre an der Fachhochschule für Finanzen des Landes Brandenburg und habe dort den Lehrbereich für die Besteuerung der Gesellschaften innegehabt. 

In welcher Funktion sind Sie an dem Haushaltssicherungsprozess beteiligt?

Frau Horst: Ich bin berufenes Mitglied im Lenkungskreis, da ich Vorsitzende des Kirchensteuer- und Vermögensverwaltungsrates (KVVR) bin. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe ich schon viel über das Bistum erfahren. 

Warum brauchen wir überhaupt einen Haushaltssicherungsprozess im Bistum Magdeburg?

Frau Horst: Schon aufgrund der stark sinkenden Katholikenzahlen und dem Wegfall des Strukturbeitrags würde ein erhebliches Haushaltsdefizit entstehen. Durch den Haushaltssicherungsprozess wollen wir versuchen, die Ausgaben an die gesunkenen Einnahmen anzupassen. Ein simples, fiktives rechnerisches Beispiel: Wenn die Katholikenzahlen um ein Drittel sinken, dann sinken vereinfacht gerechnet, auch die Einnahmen aus der Kirchensteuer um ein Drittel.

Es ist ein sehr einfaches Beispiel, das nur dazu dient die Tragweite darzustellen. Im Lenkungskreis denken wir sehr viel differenzierter darüber nach. Gemeinsames Ziel ist, das Bistum gut für die Zukunft aufzustellen und seine Handlungsfähigkeit trotz deutlich sinkender Einnahmen zu sichern.

Warum ist es wichtig, dass Sie als Vertretung des KVVR mit im Lenkungskreis sind? 

Frau Horst: Nach Paragraph 2 der Satzung des KVVR wirkt er bei der Feststellung des Haushaltsplans mit und genehmigt die Jahresrechnung des Bistums. Deshalb ist der KVVR dazu verpflichtet darauf zu achten, dass der Haushalt so geplant und umgesetzt wird, dass die nachhaltige Erfüllung der Aufgaben und die Zahlungsfähigkeit gesichert sind. Wenn sich die Einnahmenseite verändert, muss die Ausgabenseite angepasst werden. 

Inwieweit bewegt der Haushaltssicherungsprozess den KVVR? 

Frau Horst: Der KVVR muss immer darauf achten, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt haben. Nach seiner Satzung ist es so, dass der Bischof die pastoralen Grundsätze festlegt. Insoweit hat der KVVR kein Mitbestimmungsrecht. Dem KVVR obliegt es im Rahmen der Haushaltsaufstellung (=vorab) und der Genehmigung des Jahresabschlusses (=hinterher) zu prüfen, ob zu viele Mittel verbraucht werden, insbesondere dann, wenn z.B. der Zuschussbedarf einer Einrichtung steigt. 

Wir haben mit unseren Hinweisen und Fragen schon Einrichtungen zu einer Effizienzsteigerung verholfen. Das ist unsere Aufgabe, aber immer ohne den pastoralen Gehalt an sich in Frage zu stellen. 

Also sind die pastoralen Grundsätze für den KVVR immer gesetzt? 

Frau Horst: Ja! Im Unterschied dazu befasst sich der Lenkungskreis mit den pastoralen Aufgaben und den sich daraus ergebenden finanziellen Folgen. Es geht nicht um die Qualifizierung oder die Bewertung der Arbeit von einzelnen Bediensteten oder Projekten, sondern um die Priorisierung einzelner Aufgaben, an die sich die Suche nach Effizienzsteigerungen anschließt: Soll eine Aufgabe weiterhin erfüllt werden? Kann man etwas zusammennehmen, kann man etwas verschlanken? Es gibt in jeder Organisation und auch im Bistum Aufgaben und Organisationsabläufe, bei denen Ressourcen gespart werden können, ohne zu einer Qualitätsminderung zu kommen. Wir müssen sie nur finden. Im Idealfall kommt es sogar zu einer Qualitätssteigerung. 

Was passiert denn tatsächlich im Lenkungskreis? Also worum geht es da gerade?

Frau Horst: Wir haben im Lenkungskreis Aufgaben, die inhaltlich zusammengehören, in Handlungsfeldern zusammengefasst und geklärt, was dieses kostet. Dazu müssen ihm alle Einnahmen und Kosten einschließlich der Personalkosten zugeordnet werden. Anschließend wird geprüft, welche Grundpriorisierung erreicht werden soll. Im nächsten Schritt wird in jedem Teilbereich der Handlungsfelder geprüft, wie die Einsparungen erreicht werden können, zum Beispiel durch die Veränderung von Arbeitsprozessen. 

Ist es auch Aufgabe des Lenkungskreises, für die einzelnen Handlungsfelder die Aufmerksamkeit zu schärfen und beispielsweise die Personen und Abteilungen zu fragen: Welches Ziel verfolgt ihr mit eurem Angebot? Und was tut ihr konkret, um dieses Ziel zu erreichen?

Frau Horst: Ja genau, das muss viel öfter geschehen! Auch das könnte ein Ergebnis dieses Haushaltssicherungsprozesses sein. Bislang scheint mir diese Aufgabe der Reflexion noch ausbaufähig. Es fehlt noch an Routinen wie beispielsweise: Warum bieten wir das Angebot A an? Ist es noch gut gefragt? Wird es in Zukunft gefragt sein? Warum arbeiten wir so, wie wir arbeiten? Müssen wir etwas verändern? Steht der Ressourcenverbrauch in einem angemessenen Verhältnis zum erreichten Ziel? Ich denke, es ist eine der größten Aufgaben der Kirche, über Gewohnheiten und deren Sinnhaftigkeit nachzudenken. Das schafft Unsicherheiten, aber es kann sehr befriedigend sein, etwas zu verändern und sich so neu auszurichten.

Frau Horst, Sie machen das ja ehrenamtlich. Sowohl Ihre Arbeit im KVVR als auch im Lenkungskreis und beides - vermute ich zumindest - braucht viel Zeit. Was motiviert Sie, sich in diesen beiden Gremien stark zu engagieren? Was treibt Sie an?

Frau Horst: Das Bistum, das sind wir. Das ist unsere Gemeinschaft, unser soziales Zuhause. Den pastoralen Bereich nehme ich, wenn ich zur Kirche gehe, wahnsinnig gerne in Anspruch. Es fällt mir aber ungeheuer schwer, diesen zu gestalten. 

Wenn Kirche einem wichtig ist, kann man nicht sagen, das Geld muss irgendwo herkommen. Auch dies muss geplant und gemanagt werden. Dabei kann ich meine Kirche mit meinen Kompetenzen unterstützen.

Sie haben die Fähigkeit, um mit Finanzen umzugehen, deshalb bringen Sie sich dort ein. Würden Sie sagen, dass Ehrenamtliche allgemein eine gute Möglichkeit haben sich einzubringen? 

Frau Horst: Ja! Ich fühle mich als Frau in der Kirche auch nicht benachteiligt, denn in den Bereichen, die ich mit meinen Fähigkeiten abdecken kann, wäre auch kein Mann in der Kirche weitergekommen. Womit ich nicht bestreite, dass es Bereiche gibt, in denen Frauen benachteiligt sind. 

Ich selbst bin gleichberechtigtes Mitglied im Lenkungskreis! Ich bringe eine Außensicht mit und kann Fragen stellen, die anderen nicht möglich sind. 

Sie sind ja nicht nur Mitglied des Lenkungskreises oder des KVVR, sondern Sie sind auch Privatperson und Christin im Bistum Magdeburg. Nehmen Sie da bereits irgendwelche Stimmen zum Haushaltssicherungsprozess wahr? 

Frau Horst: Dass mich jemand von sich aus darauf angesprochen hat, ist nicht passiert.

Aber mir ist wichtig, dass Christinnen und Christen über den Haushaltssicherungsprozess informiert werden, da er an keiner Kirchengemeinde spurlos vorübergehen wird. Ich möchte in Gesprächen zusätzlich zur Internetseite des Bistums darauf vorbereiten, dass man eine vielleicht lieb gewonnene Gewohnheit aufgeben muss, aber versucht, diese durch etwas Schönes, Neues zu ersetzen. Mir geht es um dieses "Sich-auf-den-Weg-machen": Die gedankliche Freiheit, da kommt was! Nutze es als Chance.

Sie klingen nicht so, als bräuchten Sie großartig Mut, um weiter im Lenkungskreis mitzuarbeiten. Ich höre heraus, dass Sie das sehr gern tun, engagiert sind und auch Lust haben sich einzubringen. Was macht Ihnen Mut dabeizubleiben? 

Frau Horst: Was immer in so einem Prozess geschieht: Es gibt unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten. Und umso weiter jemand mit seiner originären Ausbildung und Tätigkeit von den Finanzen weg ist, umso schwieriger ist es möglicherweise für diese Person nachzuvollziehen, mit welchen Betrachtungen wir uns neben den pastoralen Fragen befassen. Wenn man sich auf den Haushaltssicherungsprozess einlässt, also wenn man es wirklich auch innerlich tut, dann werden wir im Ordinariat, in den Pfarreien oder in der Zusammenarbeit mit nebeneinander liegenden Pfarreien Bereiche finden, von denen wir hinterher sagen: Hier hätten wir schon lange etwas gemeinsam tun können, weil es gemeinsam auch gut oder sogar besser ist. Wir sind noch ganz am Anfang dieses Weges. Aber der finanzielle Druck führt dazu, dass wir diesen Weg jetzt alle bestreiten müssen.

Trotzdem stehen die pastoralen Ziele immer noch oben. Die Finanzen diktieren nicht die Pastoral, sondern die Pastoral muss überlegen, was sie erreichen will. Ich will ein Bild nehmen: Die Finanzen geben nur den Rahmen vor, in dem man sich bewegen muss. Die Pastoral malt das Bild. Jeder sollte erkennen können: Das Bild ist größer, bunter und bedeutender als der Rahmen. 

Gibt es etwas, das Sie dem Bistum Magdeburg - und damit meine ich uns Christ*innen alle zusammen, die im Bistum Magdeburg leben -  gerne mit auf den Weg geben? 

Frau Horst: Ich hoffe, dass alle begreifen, dass der Haushaltssicherungsprozess notwendig ist. Kein Mensch weiß, wo die Strom- und die Heizkosten hingehen, wie sich die Personalkosten entwickeln und welche gesetzlichen Änderungen mit welchen finanziellen Auswirkungen auf uns zukommen. Uns allen wünsche ich, dass wir die positiven Möglichkeiten dieses Prozesses für uns selbst verinnerlichen und uns auf die positiven Effekte freuen. 

(Fragen: Miriam Fricke)

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